Famicom Titler


von Markus Brandel
25.07.2004

Der Famicom Titler ist eine recht unbekannte Famicom-Variante, die 1989 von Sharp für 43.000 Yen angeboten wurde. Sharp ist bekanntlich ein Zulieferant einiger Chips des Nintendo Entertainment Systems und baute auch das Twin Famicom (Modul und Diskettenlaufwerk in einem) oder den C1 (ein Fernseher mit eingebauten Famicom). Der Famicom Titler ist dagegen ein Kombigerät zum Gestalten von Videotiteln. Es konnte dazu verwendet werden, um beispielsweise für die mit der Videokamera selbstgefilmte Sylvester- oder Geburtstagsfeier noch ein passendes Titelbild, eine Kommentareinblendung oder einen Abspann zu gestalten. Schiebt man den Riegel unterhalb des Modulschachts nach oben, aktiviert man diese Funktion.

Leider lässt sich die Bedienung des Titlers aufgrund vieler in japanischen Schriftzeichen gehaltenen Eingabeknöpfe, Bildschirmtexte und Bilder in der Anleitung nur durch mühsames Ausprobieren herausfinden. Mit dem beigelegten Stift werden auf den Touchpad die Buchstaben geschrieben und mit den Kontrollknöpfen links oben kann unter anderem die Farbe oder Schriftart angewählt werden. Wer jetzt zu dem Entschluss kommt, das Gerät ernsthaft als Videotitler verwenden zu wollen, wird enttäuscht sein. Aufgrund der unterschiedlichen Fernsehnormen und technischen Gegebenheiten ist diese Funktion nämlich hierzulande leider nicht nutzbar. Doch in diesem Bereich gibt es heutzutage natürlich auch schon viele technisch modernere Geräte bzw. Software.


Viele Anschlussmöglichkeiten

Auf der Geräterückseite befindet sich jeweils zweifach Audio, Video und S-Video als Eingang für die Kamera, wie auch als Ausgang zum Anschluss am Videorekorder oder Fernseher. Das Netzteil ist genauso wie z.B. beim N64 speziell auf das Gerät zugeschnitten und somit eine zwingende Notwendigkeit für den Betrieb. Ansonsten gibt es noch eine 5-polige DIN-Buchse für einen externen RF-Modulator (Antennenkabel), auf der linken Seite einen Lautstärkeregler sowie auf der Frontseite die bekannte japanische Controllerbuchse.


Unterschiede in der Bildqualität

Interessant ist die Tatsache, dass der Famicom Titler die einzige Famicom-Variante ist, welche ab Werk für Spiele mit einen S-Video Ausgang ausgestattet wurde. Unsaubere vertikale Kanten, die beim NES schon immer einen negativen Eindruck machten und gerade bei grafisch aufwendigen Spielen eine störende Einschränkung darstellt, gehören hier der Vergangenheit an. Selbst das normale Video-Signal ist viel klarer und wesentlich deutlicher als bei allen anderen NES- bzw. Famicom-Konsolen.

Im Gegensatz zu den im Massenmarkt verbreiteten NES- und Famicom-Konsolen ist beim Famicom-Titler intern ein echtes RGB-Signal vorhanden. Der PPU-Chip (Grafikchip) in herkömmlichen NES-/Famicom-Konsolen (RP2C02 für NTSC bzw. RP2C07 für PAL) erzeugt dagegen nur ein Video-Signal. Der in ein Keramikgehäuse gepackte PPU-Chip im Titler (RC2C05-99) sendet hingegen RGB & Composite Sync Signale aus, die unter anderem für die Overlayfunktionen hergenommen werden, sodass letztendlich das RGB-Signal mit den Eingangssignal von der Kamera als gemischtes Ausgangssignal ausgegeben wird. Für Spiele wird einfach das ursprüngliche RGB-Signal umgewandelt in S-Video bzw. normales Video.

Obwohl das S-Video-Signal schon sehr gut ist, lässt sich für das bestmögliche Bildergebnis das RGB-Signal direkt von der Platine abgreifen, indem man beispielsweise die 5-polige DIN-Buchse gegen eine 8-polige Buchse austauscht (so wie auf dem Foto rechts zu erkennen). Alternativ kann man auch den PPU-Chip auslöten und ihn beispielsweise in ein AV Famicom oder US-NES für einen nachträglichen RGB-Anschluss einbauen. In europäischen PAL-NES funktioniert der Chip nicht.

Die RGB-Farben sind identisch zu den Farbpaletten des PlayChoice-10 Automaten oder des japanischen Sharp C1 Fernsehers.


Fazit

Designtechnisch begeistert der Famicom Titler schon durch die überragende Aufmachung mit der leichten Abschrägung. Nur die seitlichen Ablagehalterungen für die Controller erinnern an einen Aschenbecher. Die fest mit dem Gerät verbundenen Controller mit den viel zu kurzen, seitlich herausführenden Kabeln sind leider unhandlich und stören. Dieses Problem kann aber mit einem Zusatzcontroller umgangen werden. Leider ist der Titler nicht vollständig kompatibel zu allen Famicom-Spielen. Im Test mit etlichen Spielen lief z.B. Totally Rad von Jaleco im ersten Level mit falschen Farben und das US Final Fantasy 1 stürzte bei den Textpassagen einfach ab.

Der Titler ist sicherlich nicht für den normalen Durchschnittsspieler geeignet, dafür ist er einfach zu teuer. Sehr wohl aber als Sammlerstück, denn er ist auch in Japan nicht leicht zu finden und sogar im Gameplan Nachschlagewerk „Spielkonsolen und Heimcomputer“ von Winnie Forster nicht aufgelistet.


Wer sich einen Famicom Titler zulegen möchte, sollte auf folgende Punkte achten:
  • Das beigelegte Netzteil ist auf 110V Eingangsspannung ausgelegt und benötigt für den Betrieb einen 230 V auf 110 V Spannungswandler mit mindestens 55 Watt (z.B. Minwa Step-Down Converter MW55U).
  • Wegen der leichten Gehäuseabschrägung des Titlers ist die Verwendung der bekannten 72 auf 60 Pin Adapterplatinen leider eine wackelige Angelegenheit.
  • Aufgrund des hohen Gewichts von 4,5 KG inkl. Verpackungsmaterial betragen die Frachtkosten aus Japan nach Deutschland 7300 Yen (ca. 60 Euro) für ein SAL Paket.