Interview mit Bernd Fakesch


von Yamato
31.08.2004

Auf der Games Convention 2004 in Leipzig hatten wir das Glück, einen Gesprächstermin mit Bernd Fakesch zu ergattern, der seit März 2004 in der Rolle des General Managers bei Nintendo Deutschland tätig ist. Diese Gelegenheit nutzten wir, um das neue Nintendo-Oberhaupt per Interview näher kennen zu lernen.


NES CENTER:

Guten Tag, Herr Fakesch! Wir freuen uns, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen können. Als erstes würden wir gerne etwas über ihre Arbeit bei Nintendo und die Geschichte, wie Sie dazu gekommen sind, erfahren...


Bernd Fakesch:

Wie ich zu dieser Arbeit gekommen bin, ist relativ einfach. Ich bin von einem Personalberater angerufen worden, der mich fragte, ob ich Interesse hätte, diesen Posten einzunehmen, da ich zuvor 8 Jahre im Entertainment-Bereich gearbeitet habe. Er könne sich gut vorstellen, dass ich von der Erfahrung und der Persönlichkeit her gut in den Spielebereich und vor allem zu Nintendo passen würde. Meine Arbeit bei Nintendo ist Vertriebs- und Marketing orientiert. Wir bekommen die Produkte aus Japan, die dann für ganz Europa lokalisiert und anschließend in Deutschland vermarktet werden. Wir machen dabei gezieltes TV,- Print-, Radio- und Online-Marketing und verfügen über eine strukturierte Sales-Abteilung, welche die Produkte im gesamten Handel vermarktet. Zusammenfassend ist also unser Schwerpunkt bei Nintendo Deutschland Sales und Marketing.


NES CENTER:

Wann und wodurch sind Sie zum ersten mal in Kontakt mit Videospielen gekommen?


Bernd Fakesch:

Das war vor ungefähr 20 Jahren während meines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Augsburg. Als ich am Lehrstuhl Assistent war, kamen mit die ersten Spiele auf, wie beispielsweise Tetris, welches wir tagelang begeistert gespielt haben, bis dann auch irgendwann der Professor bemerkte, dass ich dieses Verhalten vielleicht ein bisschen zurück fahren könnte (lacht). Aber auch mein etwas jüngerer Bruder hatte damals einen C64, womit ich die ersten Erfahrungen sammelte.


NES CENTER:

Welche Spiele würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Auch Tetris?


Bernd Fakesch:

Tetris ist nach wie vor eines meiner Lieblingsspiele, das muss ich zugeben. Aber wir haben jetzt auch gerade bei den NES Classics für den Game Boy Advance Spiele, die ich noch von vor 20 Jahren kenne und mir immer noch viel Spaß machen – die könnten sie mir alle mitgeben, besonders Super Mario Bros., Pac-Man und Donkey Kong. Aber auch Zelda. Was ich außerdem gerne mitnehmen würde, wären Spiele wie Mario Kart oder Mario Tennis. Das sind Spiele, die einfach Fun machen – mit denen setzt man sich hin und lacht innerhalb einer halben Minute. Und wenn Sie mir dann noch ein Paar Bongos mitgeben, wäre ich auch sofort bei Donkey Konga mit dabei, wobei ich dann ganz gerne auch noch drei Mitspieler dabei haben würde... auf der einsamen Insel... (lacht)


NES CENTER:

Das Thema NES Classics ist ein gutes Stichwort. Was denken sie allgemein über Retro-Gaming? Warum sorgen ihrer Meinung nach klassische Spiele trotz stetig wachsender audiovisueller Möglichkeiten immer wieder für Faszination?


Bernd Fakesch:

Der Versuch, den wir mit "Retro" machen, ist es, Gamer, die vom Spielen weggekommen sind, wieder zum Spielen zu bringen. Gerade Leute aus meiner Generation, die vor 20 Jahren NES gespielt haben und dann später wegen Familie oder Berufsstress einfach davon weggekommen sind, versuchen wir durch diese schnell zugänglichen Titel wieder zu motivieren und nach Möglichkeit auch mit ihren eigenen Kindern zusammenführen, indem beispielsweise der Papa mit dem Sohnemann auf diesem Gebiet eine Gemeinsamkeit findet. Für die Kinder ist es interessant zu sehen, was die Eltern überhaupt vor 20 Jahren gespielt haben und zu begreifen, was damals "in" war, um auf diesem Wege die Entwicklung des Videospiels nachvollziehen zu können. Außerdem war Retro immer in irgendeiner Form interessant. Altes Design wird immer mal wieder ausgepackt, was nicht nur im Spielebereich so ist, sondern auch in jedem Modebereich. Retro ist ja in gewisser Weise auch eine Mode.


NES CENTER:

In den USA werden, wie kürzlich bekannt gegeben, am 25. Oktober mit Dr. Mario, Metroid, Zelda II und Castlevania vier weitere Umsetzungen aus der japanischen Famicom Mini Serie als NES Classics Volume 2 erscheinen. Gibt es diesbezüglich schon Veröffentlichungspläne für den europäischen Markt?


Bernd Fakesch:

Es ist geplant, aber noch nicht entschieden. Es hängt natürlich sehr stark davon ab, wie sich die ersten acht Titel weiterhin in Europa verkaufen werden. Wir sind mit den Spielen jetzt sehr gut in den Markt eingestiegen und haben bereits erste Verkaufserfolge erzielt – in den letzten Wochen waren beispielsweise vier NES-Titel in der Top 10 der GBA Spiele: Zelda, Donkey Kong, Super Mario Bros. und Pac-Man. Wenn sich der Verkauf über die nächsten Wochen bis hin zum Weihnachtsgeschäft gut entwickelt, werden wir eine zweite Staffel bringen. Sofern aber das Gefühl besteht, dass man dadurch auch ein wenig Schaden am Markt anrichten könnte, insofern, als dass die neuen Veröffentlichungen nicht mehr so gut verkauft werden, wird man bei Nintendo vorsichtig sein.


NES CENTER:

Stehen bei Ihnen Zuhause noch ein Nintendo Entertainment System oder andere ältere Konsolen von Nintendo?


Bernd Fakesch:

Leider nicht mehr, weil ich sie irgendwann durch die neueren Systeme ausgetauscht habe. Bei mir Zuhause steht ein Cube, aber das ist ja selbstverständlich. Ich muss aber gestehen, dass es bei uns in der Family so ist, dass mein Bruder noch andere Konsolen hat und deswegen wird es manchmal auch sehr interessant bei uns, wenn wir dann anfangen, zu diskutieren oder auch zu debattieren (lacht).


NES CENTER:

Wir vermuten, dass diese Debatten mit Ihrem Bruder dann mitunter auf dem Bildschirm ausgetragen werden... Oder anders gefragt, haben Sie überhaupt noch Zeit und Interesse, privat zum Joypad zu greifen?


Bernd Fakesch:

Ich mach’s gerne, komme aber Zuhause leider sehr selten dazu, da ich meistens sehr lange Tage auf der Arbeit verbringe. Gerade, wenn man noch nicht lange bei der Firma dabei ist - ich arbeite jetzt seit März 2004 bei Nintendo - ist zu Beginn so viel Arbeit zu erledigen, dass man oft wirklich bis spät Nachts im Büro bleibt. Das Beste, was man dann tun kann, ist anschließend noch ein paar Minuten Mario Kart anzuschalten, um ein paar Runden zu drehen – das entspannt! (lacht) Aber was ich heutzutage leider nicht mehr machen kann, ist, mich in ein Rollenspiel wie Zelda rein zu spielen und dann auch eine Weile dran zu bleiben. Das wäre dann eher schwierig.


NES CENTER:

Sonstige Hobbies?


Bernd Fakesch:

Ich mache sehr gerne Sport. Beispielsweise bin ich schon seit nunmehr dreißig Jahren begeisterter Skifahrer und überhaupt mag ich es, in den Bergen unterwegs zu sein. Außerdem jogge ich für mein Leben gerne. Letztes Jahr bin ich sogar bei einem Marathon mitgelaufen, der viel Spaß gemacht hat und für den ich mich auch gut vorbereitet habe. Im Augenblick bedauere ich es ein wenig, dass mir auch auf diesem Gebiet gerade die entsprechende Zeit fehlt, da ich es für sehr wichtig halte, neben der Beanspruchung auf der Arbeit einen körperlichen Ausgleich zu haben. Reisen ist ohne Frage ebenfalls eines meiner Hobbies. Ich war viel im Ausland unterwegs und habe dort viel gesehen. Ich denke auch, dass es der Jugend gut tut, nach der Ausbildung mal ins Ausland zu gehen, um neue Perspektiven zu öffnen, gerade wenn man auf die enorme Entwicklung in Richtung Osten blickt. Auch Nintendo hat bemerkt, dass dort ein wichtiger Markt entsteht und deswegen versuchen wir, dort aktiver zu werden.


NES CENTER:

Sind Sie schon dazu gekommen, das japanische Nintendo-Headquarter zu besuchen? In welcher Verbindung stehen Sie zu den Kollegen in Japan?


Bernd Fakesch:

Ich war vor ein paar Wochen zum ersten mal zu Besuch im Headquarter in Kyoto und es war wirklich ungemein interessant, weil die Berufswelt in Japan nach wie vor anders als jene im Westen funktioniert. Es ist eben die asiatische Kultur und auch Nintendo wird selbstverständlich anders geführt als eine amerikanische Company. Was mir sehr gut gefällt, ist, dass man in Japan durch Instrumente, wie Diskussionsrunden sehr Konsens-orientiert arbeitet. Man versucht also stets, Entscheidungen in der Gruppe zu erzielen. Das dauert zwar manchmal etwas länger, aber am Schluß stehen alle dahinter oder verstehen zumindest, warum wie entschieden wurde. In einem amerikanischen Unternehmen geht es dagegen meist etwas härter zu, da man sich frei nach dem Motto "Der Stärkere gewinnt" rhetorisch durchsetzen muss. Abgesehen davon war ich aber auch schon privat in Japan und halte es, wie auch Asien allgemein, für ein faszinierendes Land.


NES CENTER:

Gibt es etwas, das Sie unseren Lesern sagen möchten?


Bernd Fakesch:

Auch wenn man Retro-Fan ist und noch gerne mit alten Konsolen spielt, sollte man die neueren Geräte nicht verpassen, denn z.B. kommen ja viele der alten Spiele grafisch aufgebessert, in gewisser Weise reifer und oft auch witziger wieder. Von dieser Seite aus gesehen ist es auf jeden Fall schön, sich mit Retro zu beschäftigen und die alten Sachen gerne noch bei sich zu Hause zu haben, aber ich halte es ebenfalls für wichtig, auch auf die nächste Generation zu blicken und die Entwicklung nachzuvollziehen, da sich technisch schon einiges getan hat.


NES CENTER:

Und doch bauen all diese Geräte auf dem Nintendo Entertainment System auf und versuchen in gewisser Weise das zu erreichen, was mit dieser Konsole vollbracht wurde...


Bernd Fakesch:

Es ist ja gerade die Stärke von Nintendo, dass wir stets über die Generationen wachsen. Seinerzeit haben wir den deutschen Markt für Videospiele überhaupt erst aufgemacht und bis heute sind alle Generationen wichtige Meilensteine in der Entwicklung von Nintendo gewesen. Sie alle sind Stufen, die aufeinander aufbauen und auch der Nintendo DS wird eine logische Weiterentwicklung sein, bei der das Gameplay im Mittelpunkt steht. Und genau das fasziniert mich auch bei Nintendo, nämlich, dass man es bei uns über so viele Jahre hinweg geschafft hat, immer auf das eigentliche Spiel zu blicken und sich zu fragen, wie man dieses besser, lustiger und kreativer machen kann. Das Vermitteln dieser Philosophie ist aus diesem Grund gerade unserem Präsidenten, Satoru Iwata, extrem wichtig, denn Nintendo versteht sich als Spiele-Company, die den Spielspaß in der Vordergrund stellt und nicht nur möglichst viele technische Innovationen in ein neues Gerät integrieren möchte.


NES CENTER:

Vielen Dank für das Gespräch!